Kirchner, Christian: Das Seelenregister der ev.-luth. Kirchgemeinde St. Margarethen zu Gotha 1710 bis 1731. Verlag: Stiftung Stoye, Marburg/Lahn 2020. Schriftenreihe der Stiftung Stoye, Reihenbandnr. 76. ISBN 978‑3‑937230‑36‑8. Gebunden, Format: 24 x 17 cm, S.365. Zzgl. Versandkosten. AMF-Mitglieder bestellen bitte nach Login den Artikel Stoye 76-M versandkostenfrei zu Mitgliederpreisen.

Die Quellengattung der Seelenregister findet sich im Thüringer Raum bereits ab dem 16. Jahrhundert. In den vergangenen Jahren hat es sich der Verfasser zur Aufgabe gemacht, peu à peu die ihm vorliegenden Exemplare im Mitteilungsblatt der AGT bzw. in Buchform zu veröffentlichen. Im Gothaer Raum stammten die ältesten Exemplare für die Dörfer Schönau v. d. Walde mit seiner Filiale Wipperoda aus den Jahren 1567 und 1586. Diese wurden geordnet nach Männern, Hausgenossen, Witwern, Witwen, Junggesellen und Jungfern. Zwar stellte dies faktisch nur eine Bestandsaufnahme der Dorfgemeinden dar, doch wurden bei einzelnen Personen bereits weiterführende Hinweise zum Tode angebracht. Im 17. Jahrhundert dienten sie wohl oft der Kontrolle, welche Gemeindeglieder den verlustreichen 30jährigen Krieg überlebt hatten. Eine der umfangreichsten Sammlungen für die Diözese Schleusingen- Suhl verzeichnete die Einwohner der einzelnen Dörfer der Jahre 1646/472. Ab dieser Zeit finden wir Seelenregister häufiger in den verschiedenen Ortschaften Thüringens, wobei selten mehr als ein Exemplar dieser Auflistungen überliefert wurde. Erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden diese Amtsbücher v. a. im Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg (später Sachsen-Coburg und Gotha) in nahezu jedem Ort jahrzehnteweise geführt. Vermutlich wurde überdies im Jahre 1888 angeordnet, Familienbücher anzulegen, die sich in vielen Dörfern noch finden und die, mit viel Akribie geführt, nahezu alle persönliche Daten von Geburt, Taufe, Konfirmation, Trauung bis zum Tode enthalten. Oftmals wurde auch der Verzug der Familien nebst Verbleib eingetragen. Die gute Grundlage, welche diese Bücher für die Gemeindegliederübersicht bot, führte dazu, dass einige bis zum Ende des 20. Jahrhunderts fortgeführt wurden. Wir haben mit diesen Quellen faktisch Ortsfamilienbücher für die Dauer ihrer Nutzung. In Städten waren solche Aufzeichnungen schon aufgrund des zu bewältigenden Aufwands wesentlich seltener. Das vorliegende Exemplar ist das älteste dem Verfasser bekannte Seelenregister einer residenzstädtischen Kirchgemeinde in Thüringen.3 Das Original liegt im Augustinerkloster Gotha und fällt zwischen den zahlreichen Kirchenbüchern kaum auf. Es umfasst 341 Seiten im Folioformat, die von einem stark abgeriebenen und durch Bücherwurmbefraß beschädigten Kartoneinband mit Das Seelenregister der ev.-luth. Kirchgemeinde St. Margarethen zu Gotha 1710 bis 1731 8 2 Kirchner, Seelenregister. 3 Ältere, allerdings nicht residenzstädtische Seelenregister liegen z. B. von Buttelstedt und Buttstädt vor; s. Kriependorf, Seelenregister, S. 8 -19. braunem Lederrücken und ebensolchen Ecken zusammengehalten werden. Die Nutzung dürfte sich auf seltenes Blättern beschränken, hat ein solches Buch doch den Nachteil, dass es ohne Register de facto nutzlos ist. Wer würde sich bei der knappen Forscherzeit vor Ort die Mühe machen, nach bestimmten Vorfahren alle Seiten durchzublättern? Ohne Frage wird dieses Amtsbuch erst durch die detailreiche Erfassung in diesem Werk wieder einem seinem Inhalt würdigen Publikum zugängig. Wie die ursprünglichen Nutzer und Bearbeiter der Kirchgemeinde ihre Schäfchen in diesem Werk fanden, bleibt uns wohl dauerhaft ein Rätsel. Das Seelenregister wurde im Jahre 1710 angelegt. Eine genaue Datierung fehlt leider ebenso wie eine Einleitung, eine Gottesanrufung oder sonst übliche Informationen. Auch wurde auf eine Liste der Straßen verzichtet, so dass man vermuten muss, dass es bereits von Beginn seiner Nutzung an genau in demselben Zustand war, wie dies heute der Fall ist. Während der Bearbeitung konnte festgestellt werden, dass die Aufnahme der Daten der Bewohner der Margarethenkirchgemeinde wohl im November oder Dezember des genannten Jahres 1710 geschah. Danach wurde es von etwa 4 bis 6 Schreibern bis in das Jahr 1731 geführt, wobei die jüngste Eintragung vom 31. Dezember 1731 stammt. Ob sich seinerzeit ein Folgeband anschloss oder ob ein solches Werk auch in der Augustinerkirchgemeinde angelegt wurde, bleibt offen. Überliefert wurde in jedem Fall nur dieses eine Buch in den Regalen der heutigen Aufbewahrungsstätte. Der Aufbau des Seelenregisters ist recht überschaubar. Am Kopf jeder Seite findet sich neben der Paginierung die Orts- oder Straßenbezeichnung, wobei die Beschriftung sich auch über die beiden nebeneinanderliegenden Seiten erstrecken kann. Weiterhin wurden die Seiten je in der Mitte durch eine senkrechte Linie getrennt. Teilweise wurden bis zu 3 waagerechte Linien eingezogen. Welche genaue Bewandtnis die Linien haben, bleibt aufgrund der fehlenden Einleitungsworte offen. Es ist jedoch anzunehmen, dass die senkrechten lediglich der Platzeinteilung des Schreibers dienten, während die waagerechten Linien wohl die einzelnen Häuser voneinander trennten. Ob man im Gotha jener Jahre noch keine Hausnummern kannte? Fakt ist, dass keinerlei weitere Hinweise als die Straßennamen uns eine Einordnung der Gebäude ermöglichen. Wahrscheinlich wussten die Schreiber einfach, wo sie sich im Stadtgebiet befanden und wem welches Haus gehörte bzw. vom wem es bewohnt wurde. Eine Systematik der Straßenseiten ist für den heutigen Benutzer ohne Kenntnis der Gebäudestruktur der Stadt ebenso unmöglich. Lediglich bei einigen Straßen findet sich die Angabe „von oben herab“ o. s. ä. Nimmt man sich allerdings einen Stadtplan von Gotha zur Hand, welcher die historische Einteilung zeigt, so findet man die einzelnen Gassen und Ortsangaben recht leicht. Hierfür seien folgende Hilfsmittel genannt, welche beim Verlag Rockstuhl erhältlich sind: „Historische Karte: Residenzstadt Gotha 1730“ sowie „Historische Stadtpläne: GOTHA in Thüringen STADTPLAN von 1838 - 1880 - 1904 - 1910 - 1927“. Für eine genauere Zuordnung könnte man weiterhin Gebäude wie Wirtschaften, Druckereien oder Häuser bekannter Familien heraussuchen. Mittels dieser bekannten Örtlichkeiten wäre im Nachhinein eine Zuordnung machbar. Bewohnte Nebengebäude oder getrennte Wohnräume wurden durch separate Anmerkungen hervorgehoben, z. B. „im Hinterhaus von“ oder „im oberen Stock“. Die einzelnen Bewohner der Häuser wurden zunächst per Stand anno 1710 erfasst, die Berufe und Funktionen sowie alle Familienmitglieder aufgenommen. Es ist zu vermuten, dass man zu Beginn die Aufzeichnungen mittels Bleistift durchführte und später diese durch Tinte ersetzte. Einige dieser Eintragungen finden sich noch am Beginn des Buches und wurden in Einleitung 9 den Fußnoten als solche vermerkt. Weiterhin erfasste man die Bediensteten und Mitbewohner, wobei gerade bei Ersteren selten die Namen aufgenommen wurden. Im Laufe der Nutzung des Buches wurden nachgeborene Kinder, Personal und Zuzüge ergänzt. Ebenso wurden Umzüge durch Streichung kenntlich gemacht. Sterbefälle wurden entweder nur durchgestrichen oder mit Kreuz und Datumsangabe versehen. Bemerkenswert ist, dass man die Wanderschaft der Hausbewohner, Verehelichungen, Studien oder Berufsänderungen penibel notierte. Ebenso wurden Umzüge in einem gewissen Umfang mit dem neuen Wohnsitz bzw. -ort ergänzt. Durch die gänzliche Abschrift und Indexierung des Seelenregisters ist so relativ gut nachvollziehbar, wie oft und wohin sich eine Familie innerhalb der Kirchgemeinde bewegte. Mitbewohner und Neubesitzer der Häuser wurden durch die Angaben „inquilini“ und „possessor“ kenntlich gemacht. Alle im Original vorgenommenen Änderungen finden sich in den 2.605 Fußnoten. Für die Transkription wurde versucht, möglichst nah an der Vorlage zu bleiben, eine gute Lesbarkeit zu erreichen und gleichzeitig ein leichtes Auffinden zu ermöglichen. Daher wurde die Tabellenform des Buches übernommen, Familiennamen wurden fett hervorgehoben und alle Veränderungen so wiedergegeben, dass sich der Nutzer ein Bild von der Vorlage machen kann. Wortverbindungen durch Bindestriche wurden, soweit der Lesbarkeit dienlich, als ein Wort geschrieben und lateinische Begriffe, so sie nicht am Absatzanfang stehen, in Kleinschreibung übernommen. Die Interpunktionen wurden entweder ergänzt oder weggelassen, um eine leichtere Auffassung zu erreichen und die Sinnzusammenhänge zu erschließen. Abkürzungen und lateinische Begriffe können mit Hilfe der diesem Text folgenden Liste leicht aufgelöst werden, wobei sich gleichförmige Abkürzungen durch den Inhalt leicht erschließen, so u. a. bei „Reg.“, was sowohl ein abgekürzter Vorname sein, wie auch Berufsbezeichnungen vorstehen kann. In die Streichung der Familien muss man das Personal mit einbeziehen, da dieses, wenn es nicht bereits vorher gestrichen wurde, mit der Familie zur neuen Wohnstätte mit umzog. Im Laufe der Buchführung wurde von der im Jahre 1710 vorgenommen Angabe des Lebensalters der Kinder relativ schnell dazu übergegangen, ein Geburts- oder Taufdatum anzugeben, was aber nur selten als ein solches gekennzeichnet wurde. Hier gilt es, wie vor 300 Jahren auch, die Taufregister noch einmal zu überprüfen. Die Geburtsangaben wurden hierbei aber fast nie angegeben, sondern stattdessen meist der Tauftag vermerkt. Bei den fett gedruckten Familiennamen spielt es keine Rolle, ob der Hausvorstand angegeben wurde oder der Dienstherr, bei welchem eine Person beschäftigt war. Auch in den Fußnoten wurde diese Hervorhebung vorgenommen. Nur wenige nachträgliche Veränderungen wurden nicht in den Fußnoten vermerkt; hierzu zählt u. a. die Änderung von „Kind“ in „Kinder“ durch anfügen eines er-Kürzungsstriches. Die Tatsache, dass später mehrere Kinder vorhanden waren, machen die Nachträge von selbst sichtbar. Gelegentlich bedienten sich die Schreiber auch der lateinischen Abkürzung „fil.“, welche vor das erste Kind geschrieben wurde und durch Freilassung vor den folgenden Kindern als Kopie angesehen wurde. Zahlzeichen wurden sowohl für die Angabe des Personals genutzt, unter teilweiser späterer Korrektur, sowie für das Wort „ein“ (z. B. „wird 1 Schuster“). Höhergestellte Familien lassen sich an den Angaben vor den Familienmitgliedern erkennen. So wurde die „Ehefrau“ (uxor) bei jenen zur „geliebten Ehefrau“ (conjux. dil.) sowie die Kinder des Adels mit dem Vorwort „adelige“ und den Bezeichnungen Herr und Fräulein hervorgehoben. Die Frauenendung -in wurde gerade in den 1720er Jahren sehr flüchtig als Schweif angedeutet und in der Transkription als solche übernommen, auch wenn man manchmal meinen könnte Das Seelenregister der ev.-luth. Kirchgemeinde St. Margarethen zu Gotha 1710 bis 1731 10 -en lesen zu müssen. Da bei dem Dienstpersonal selten Namen angegeben wurden, lässt sich nicht feststellen, ob sich dauerhaft dieselben Personen hinter den Auflistungen verbergen. Durch die Angaben bei den einzelnen Familien lassen sich jedoch einige Lehrjungen den verschiedenen Meistern zuordnen. Auffällig ist, dass die Schreiber bei Umzügen von Familien nicht sehr oft die Geburtsdaten der bereits erwähnten Kinder übernahmen. In diesem Fällen muß man die vorherigen oder nachfolgenden Wohnstätten finden, um einen vollständigen Datensatz zu bekommen. Dem Textteil folgt eine Übersicht über alle im Seelenregister vorkommenden Schreibweisen von Vornamen. Um den Forschern leichter Zusammenhänge zu erschließen, wurden sinnvolle Vereinheitlichungsformen gewählt, wie dies in allen Registerbänden und Publikation des Verfassers der Fall ist. Eine Erläuterung, warum diese Vorgehensweise sinnvoll ist, findet sich davor. Schwierig ist auch das Auffinden gleicher Familiennamen bei verschiedenen Schreibweisen. Die fehlenden Orthographie- und Grammatikregeln führten ebenso wie die Dialekte der Schreiber und früheren Bewohner zu unterschiedlichen Angaben von gleichnamigen Familien. Eines jener Beispiele in der Gothaer Genealogie ist die Familie Beckardt (auch Beckhardt), welche sich im 17. Jahrhundert von Becker über Beckert zur letzten Schreibweise wandelte. Um das Suchen dieser Namen zu erleichtern, findet sich vor den Registern eine Konkordanzliste der Familiennamen, welche die angegebene Schreibweise im Seelenregister zeigt und ggf. eine im Namensregister geänderte Form danebenstellt. Für die Wahl dieser abweichenden Registerschreibweise wurden mehrere Quellen zu Rate gezogen. Einerseits waren dies Einwohnerverzeichnisse, welche Dr. Schmidt-Ewald in den Mitteilungen des Vereins für Gothaische Geschichte und Altertumsforschung um 1930 veröffentlichte4, andererseits das Einwohnerbuch von 1848/49, welches ebenso wie erstere Quelle digital auf der Seite der ThULB Jena zur Verfügung steht. Weiterhin floß die Erfahrung des Verfassers aus der jahrelangen Forschung im Gothaer Land ein, da sich in verschiedenen Ortschaften des Umlandes spezielle Schreibweisen von Familiennamen entwickelten. Kommen weitere Namensformen in Betracht, wurden sie in eckigen Klammern dahinter gesetzt. Gerade der Schreiber der 1720er Jahre wählte doch einige sehr flüchtige Schreibweisen von Vor- und Familiennamen und verdrehte dabei die Diphthonge wie in Geißler/Gießler oder Gieß/Geiß. Manche Formen wie u. a. Kramer, Krämer, Cramer oder Crämer waren so uneindeutig in ihrer Zusammengehörigkeit, daß sie in den Registern an beiden Stellen angegeben wurden. Die Namen adeliger Familien wurden der in der Netzliteratur üblichen letzten oder aktuellen Schreibweise angepasst. Am Ende des Buches folgen die Register der Familiennamen, Berufe und Orte, welche sich an der Seitenangabe im Seelenregister, nicht des vorliegenden Buches, orientieren. Berufe wurde nicht nur unter der jeweils angegebenen Form wie z. B. Hofschuhmacher angegeben, sondern auch unter Schuhmacher. Regierungskanzlisten, -kopisten oder –advokaten finden sich ebenso unter Kanzlisten, Kopisten und Advokaten. Damit kann man sich leicht einen Überblick über die Häufigkeit der unterschiedlichen Berufsstände verschaffen. Lateinische Angaben wurden der Einfachheit halber unter dem deutschen Begriff aufgenommen. Andere Angaben wurden teilweise zusammengefasst, u. a. Wirte (z. B. Mohrenwirt) 4 Schmidt-Ewald, Einwohnerverzeichnisse. Einleitung 11 unter Gastwirt. Verben für damalige Beschäftigungen wie „dient“ oder „studiert“ wurden unter Dienstmagd bzw. Student erfasst. Andere Angaben wie „wandert“, „dimissus“ oder „gehen in die Schule“ wurden hingegen ausgespart. Lediglich Schüler, die in Familien lebten, Gymnasiasten oder Lehrjungen wurden mit ihrer Bezeichnung indexiert. Die Studenten wurden sowohl unter dem allgemeinen Begriff wie unter ihrer Fachrichtung angegeben. Bei den Familiennamen wurden jedwede Angaben aufgenommen. Familienvorstände und die Männer von Witwen wurden fett hervorgehoben, so dass nachvollziehbar ist, dass mehr als eine Person zu finden ist. Die Ortsnamen sind in die heutige Schreibweise übertragen worden. Soweit nur das Territorium angegeben wurde, findet sich dieses im Register. Die vorkommenden Nationalitäten (Franzosen, Italiener) sind als Landesbezeichnung aufgelistet.